Kunstinitiative

des Gedenkens

von

Konstanze Sailer

When War Returns XIV:

"Allee der »verschwundenen« Kinder" (Teil I)

Ausstellung 01. - 31. März 2023

"Jedes Kind hat das Recht auf den heutigen Tag." (Janusz Korczak)

 

Ein Gedanke, der nach über 80 Jahren – im Zuge der Invasion der Ukraine 2022 und den aktuellen Feststellungen des Internationalen Strafgerichtshofes vom 17. März 2023 – erneut Gewicht erhält und die Stimme verschlägt.

 Foto 2022 ©: Memory Gaps
Foto 2022 ©: Memory Gaps

Das gewaltsam herbeigeführte "Verschwinden" von Kindern, während Kriegen der Vergangenheit und der Gegenwart, stellte stets und nahezu ausnahmslos Kriegsverbrechen an Schutzbedürftigen dar.

 

Memory Gaps schlägt vor, der unzähligen, vielfach namenlosen, depor- tierten und ermordeten Kinder auch mittels Straßennamen zu gedenken, um deren horrende Schicksale dem kollektiven Vergessen zu entreißen.

 

Der Kinderarzt, Pädagoge und Schriftsteller Janusz Korczak begleitete aus moralischer Selbstverpflichtung etwa 200 Waisenkinder in die Gaskammer des NS-Vernichtungslagers Treblinka. Memory Gaps erinnerte seit 2017 beständig und bereits mehrfach an Janusz Korczak und an alle jene, die er nicht verlassen wollte.

 

Henryk Goldszmit wurde unter seinem Künstlernamen Janusz Korczak bekannt. Er war ein polnischer jüdischer Kinderarzt, Pädagoge, Schriftsteller und Leiter eines, im Jahr 1912, nach seinen eigenen Plänen errichteten Waisenhauses in Warschau. 1878 geboren, bestand Korczak im August 1942 darauf, die etwa 200 jüdischen Kinder seines Warschauer Waisenhauses, die von der SS abgeholt und in das NS-Vernichtungslager Treblinka deportiert wurden, zu begleiten.

 

Obwohl er die Möglichkeit zur Flucht gehabt hätte, ließen er und seine Mitarbeiterin Stefania Wilczyńska die Kinder nicht im Stich. Wissend, dass dies auch für sie selbst den Tod bedeuten würde, begleiteten sie ihre Waisenkinder in die Gaskammer. Sie alle wurden vermutlich bereits kurz nach dem 5. August 1942 im Vernichtungslager Treblinka ermordet.

 

Vor diesem Hintergrund erhält der Gedanke von Janusz Korczak, "jedes Kind hat das Recht auf den heutigen Tag", sein schier unendliches Gewicht. Zu den grauenhaftesten aller Tatbestände der jüngeren Geschichte Europas zählt die infernalische Ermordung von mehr als 1,5 Millionen Kindern während des Holocaust.

"Schrei 12:28 Uhr", 2018, 48 x 36cm, ©: Konstanze Sailer
"Schrei 12:28 Uhr", 2018, 48 x 36cm, ©: Konstanze Sailer

Judis Weißblüth

 

* 15. Sept. 1939 in Mün-chen; † 16. oder 17. März 1943 im Vernichtungslager Auschwitz, wohnte seit ihrer Geburt im Kinderheim der Israelitischen Jugendhilfe in Schwabing. Gemeinsam mit ihren Erzieherinnen lebte sie infolge der behördlichen Auflösung des Kinderheims ab 1942 im sogenannten Barackenlager, einem Sammellager in München Milbertshofen. Danach wurde sie im Sammellager im Stadtbezirk Berg am Laim festgehalten. Am 13. März 1943 wurde Judis Weißblüth gemeinsam mit den verblie-benen Erzieherinnen nach Auschwitz-Birkenau depor-tiert und dort am 16. oder 17. März ermordet.

 

"Aufschrei 16:04 Uhr", 2018, 48 x 36cm, ©: Konstanze Sailer
"Aufschrei 16:04 Uhr", 2018, 48 x 36cm, ©: Konstanze Sailer

Ernst Tockus

 

 

* 28. Sept. 1936 in München; † 1943 im Vernichtungslager Auschwitz, war mit seiner Familie 1938 nach Antwerpen geflohen. Ab Mai 1940 wurde Belgien von NS-Deutschland militärisch besetzt, die jüdische Familie wurde verhaftet und in der Kaserne Dossin, dem SS-Sammellager in Mechelen/Malines bei Brüssel festgesetzt. Von dort wurde Ernst Tockus gemeinsam mit seiner Mutter und Schwester, am 15. Januar 1943, in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert und vermutlich bereits kurz nach seiner Ankunft ermordet.