Verliehen wird der Franz-Nabl-Literaturpreis, der höchstdotierte Litera-turpreis, den die Stadt Graz vergibt, seit 1975 in jedem zweiten Jahr.
Auch im Jahr 2021 steht wieder eine Preisvergabe an.
Um dieser Vergabe nicht auch noch das Vergessen hinzuzufügen, erinnert Memory Gaps erneut, wie bereits im Dezember 2015 daran, dass in der Steiermark des Jahres 2021 nicht nur der Literaturpreis, sondern in
mehreren Gemeinden und Städten, darunter auch Graz, immer noch Straßen nach Franz Nabl benannt sind. Zudem trägt auch ein Institut für Literaturforschung an der Universität Graz seinen
Namen, und zwar seit 1990.
Franz Nabl war Schriftsteller und schon seit den 1920er Jahren völkisch-national orientiert. Gemeinsam mit zahlreichen ähnlich orientierten AutorInnen trat er bereits 1933 aus dem österreichischen P.E.N. aus und war ab 1936 Mitglied im "Bund deutscher Schriftsteller Österreichs". Als ein – während der NS-Zeit – gefeierter Literaturpreisträger nahm er 1943 auch das Ehrendoktorat der Universität Graz an. Für Hans Kloepfer, den steirischen Mundartdichter und begeisterten Nationalsozialisten, schrieb Franz Nabl einige Monate vor Kriegsende einen stilvollen Nachruf: im Völkischen Beobachter vom 01.07.1944.
Nach Personen benannte Straßen und Plätze stellen kommunale Ehrungen dar, die von Gemeinden bzw. Städten vergeben werden. Diese betreffen nicht nur einzelne, besondere Leistungen eines Menschen, sondern beziehen stets das gesamte Leben der betreffenden Persönlichkeit mit ein; etwa deren Lebens-haltung im Sinne der Vorbildwirkung.
Umbenennung nach Gustav Latzer
Zu den grauenhaftesten aller Tatbestände der jüngeren Geschichte Europas zählt die infernalische Ermordung von mehr als 1,5 Millionen Kindern und Jugendlichen während des Holocaust.
Die Stadt Graz könnte überlegen, den nach Franz Nabl benannten Weg nach einem Grazer Opfer der NS-Diktatur umzubenennen. Etwa nach Gustav Gershon Latzer, geboren am 09. Februar 1925 in Graz, ermordet am 04. September 1942, im Alter von 17 Jahren, im Vernichtungslager Maly Trostinec, nahe Minsk.
Umbenennung nach Walter Teich
Ein anderer möglicher Namensgeber für den nach Franz Nabl benannten Weg wäre Walter Teich. Geboren am 30. Juni 1926 in Graz, wurde Walter Teich mit dem Transport Nr. 2, am 19. Februar 1941, vom Wiener Aspangbahnhof nach Kielce deportiert. Nur einen Monat später wurde das Ghetto Kielce durch die SS eingerichtet und im August 1942 wieder geschlossen.
Von den mehr als 27.000 Juden, die in Kielce interniert waren, wurden im August 1942 etwa 21.000 in das Vernichtungslager Treblinka
deportiert und dort ermor- det. Nur etwa 2.000 Menschen kamen zunächst in Arbeitslager; die Überleben- den der Arbeitslager wurden 1944 in den Vernichtungslagern Auschwitz und Buchenwald ermordet.
Von den insgesamt 1.005 Personen des Transportes Nr. 2, vom 19. Feb. 1941 aus Wien, – unter ihnen Walter Teich – überlebten nur 18. Der Ort und das genaue Datum der Ermordung von Walter Teich sind nach derzeitiger Quellen-lage nicht gesichert, vermutlich verlor er im Alter von etwa 16 Jahren sein Leben.
Umbenennung nach Leo Josefsberg
Alternativ zu diesen möglichen Namensgebern könnte die Stadt Graz auch überlegen, den nach Franz Nabl benannten Weg nach einem weiteren der vielen jungen Grazer Opfer der NS-Diktatur zu benennen: etwa nach Leo Josefsberg, geboren am 16.12.1930 in Graz, deportiert aus Jugoslawien, wo seine Familie und er Zuflucht gesucht hatten.
Der Ort und das genaue Datum seiner Ermordung während der Shoah sind nach derzeitiger Quellenlage nicht gesichert, vermutlich verlor Leo Josefsberg 1941, im Alter von etwa elf Jahren sein Leben.