Kunstinitiative

des Gedenkens

von

Konstanze Sailer

When War Returns XXIX:

"»Egk – ein guter Komponist« revisited"

Intervention 01. - 30. Juni 2024

 

Werner Joseph Mayer, der sich "Egk" – "ein guter Komponist", fallweise auch Werner Egk "ein großer Künstler" nannte.

Nach Werner Egk (1901-1983) ist in München nach wie vor eine Straße, der Werner-Egk-Bogen in Schwabing-Freimann, benannt. Egk war Komponist und Dirigent und wurde ab den 1930er Jahren für den Bayerischen Rundfunk tätig. Zwischen 1936 und 1940 war er Kapellmeister an der Staatsoper Berlin, danach bis 1945 Leiter der Fachschaft Komponisten der STAGMA in der Reichsmusik-kammer. Er erhielt zahlreiche NS-Ehrungen, Preise und staatliche Kompositions-aufträge und gelangte 1944 auf Hitlers erweiterte Gottbegnadeten-Liste. Anstelle von Werner Egk (Ehrenbürger Münchens seit 1981) könnte in Schwabing-Freimann an Otto Selz erinnert werden.

Otto Selz (* 14. Feb. 1881 in München; † 27. Aug. 1943 im NS-Vernichtungslager Auschwitz) war ein deutscher Psychologe und Philosoph. Selz wuchs in München auf, absolvierte das Ludwigsgymnasium und studierte Rechtswissen- schaften, Psychologie und Philosophie. Ab 1912 war er – unterbrochen durch Kriegsdienst – Dozent für Philosophie und Psychologie an der Universität Bonn, ab 1923 Professor für Psychologie und Pädagogik an der Hochschule Mannheim.

 

1934 wurde er aufgrund seiner jüdischen Herkunft in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Nach einer fünfwöchigen Internierung im KZ Dachau emigrierte Selz 1939 nach Amsterdam, wo er weiter forschte, lehrte und sich um eine Ausreise in die USA bemühte. Nach der NS-Besetzung der Niederlande wurde er 1943 verhaftet und im Durchgangslager Westerbork interniert. Otto Selz wurde am 24. Aug. 1943 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert, wo er bereits kurz nach seiner Ankunft, am 27. August 1943, ermordet wurde. Bis zum heutigen Tag existiert keine Straße, die seinen Namen trägt.

"Schrei 16:04 Uhr", 2017, 48 x 36cm, ©: Konstanze Sailer
"Schrei 16:04 Uhr", 2017, 48 x 36cm, ©: Konstanze Sailer

Otto Selz forschte auf dem Gebiet

 

der Denkpsychologie, u. a. zum Themenbereich der kognitiven Leistungen produktiver und reproduktiver Denkprozesse.

 

Über die Gesetze des geordneten Denkverlaufs

lautet der Titel seines 1913 erschienenen Werkes, in dem Selz u. a. denk- und bewusstseins-spezifische Aspekte der Wissens-aktualisierung untersuchte.

 

Bereits 1934 wurde Otto Selz

aufgrund des sog. Berufsbeamtengesetzes von 1933, welches der NSDAP erlaubte, jüdische und politisch missliebige Beamte willkürlich aus dem Dienst zu entfernen, im Alter von 53 Jahren zwangsweise in den Ruhestand versetzt.

"Aufschrei 14:52 Uhr", 2017, 48 x 36cm, ©: Konstanze Sailer
"Aufschrei 14:52 Uhr", 2017, 48 x 36cm, ©: Konstanze Sailer

Dass Werner Joseph Mayer,

 

der seinen Namen auf Werner Egk geändert hatte, diesen aus den Initialen des Namens seiner Ehefrau Elisabeth Karl, gebildet und, da diese Geigerin war, den Buchstaben G in die Mitte, zwischen E und K gesetzt haben soll, scheint weit hergeholt. Egk vertonte unter anderem 1933 das NS-Festspiel „Job, der Deutsche“, komponierte aus Anlass der Olympischen Sommerspiele 1936 in Berlin das prämierte Orchesterwerk „Olympische Festmusik“ und 1941 die Filmmusik zum HJ-Film „Jungens“.

 

1947 urteilte die Spruchkammer München-Land:

 

Als 1933 der nationalsozialistische Barbarismus die Herrschaft in Deutsch-land antrat, war es eine große Enttäuschung, daß die geistige Führerschicht anstatt Widerstand zu leisten, einer nach dem anderen mit dem National-sozialismus paktierte.Der Widerstand erlahmte dadurch immer mehr, die Klarsehenden vereinsamten und wurden machtlos.Es besteht zu allen Zeiten und für alle den Durchschnitt Überragenden die Verpflichtung Vorbild zu sein. Jeder, der seine Leistung und seinen Namen dem Nationalsozialismus zur Verfügung stellte, hat damit eine Schuld auf sich geladen. Auch Egk kann dieser Vorwurf nicht erspart werden.

 

(Urteil der Spruchkammer München-Land Mü-La 146/46/3636, 17. Okt. 1947)  

"Schrei 12:39 Uhr", 2017, 48 x 36cm, ©: Konstanze Sailer
"Schrei 12:39 Uhr", 2017, 48 x 36cm, ©: Konstanze Sailer

Die Arbeiten aus dem Papierwerk

 

der Malerin Konstanze Sailer sind Zuordnungen von Aufschreien zu Todes-phonemen. Aufschreie sind jäh unterbrochene Sprache, wie abschiedsloses Sterben. Sie repräsentieren Momente der Verwundung und des Todes.