Kunstinitiative

des Gedenkens

von

Konstanze Sailer

When War Returns XVI:

Geiringer-Golz statt Krauss?

Ausstellung 01. - 31. Mai 2023

Marianne Golz (* 30. Januar 1895 in Wien-Hernals; † 8. Oktober 1943 im Gestapo-Gefängnis in Prag) war Sängerin und Ensemblemitglied des Wiener Raimund-Theaters sowie des Salzburger Stadttheaters. Sie emigrierte 1934 nach Prag und gehörte seit 1939 einer Widerstandsgruppe an, die Juden zur Flucht aus Prag verhalf. 1942 durch die Gestapo verhaftet und als „Saboteurin wegen der Begünstigung von Reichsfeinden“ zum Tod verurteilt, wurde Marianne Golz-Goldlust am 8. Oktober 1943 durch das Fallbeil im Prager Gestapo-Gefängnis Pankrác ermordet.

"Schrei 22:42 Uhr", 2015, 48 x 36cm, ©: Konstanze Sailer
"Schrei 22:42 Uhr", 2015, 48 x 36cm, ©: Konstanze Sailer

Marianne Golz-Goldlust gelang 1939 trotz gültiger Papiere die Ausreise aus der NS-okkupierten Tschechoslowakei nicht mehr. Sie blieb in Prag und schloss sich dort dem Widerstand an. Die Widerstandsgruppe, zu der sie gehörte, verhalf unter anderem mittels gefälschter Ausweise und Reisedokumente Juden zur Flucht aus der besetzten Stadt. Bei einem der zweiwöchigen Treffen der Widerstandsgruppe in ihrer Wohnung wurden im November 1942 alle Teilnehmer durch die Gestapo verhaftet.

"Schrei 19:39 Uhr", 2015, 48 x 36cm, ©: Konstanze Sailer
"Schrei 19:39 Uhr", 2015, 48 x 36cm, ©: Konstanze Sailer

Martha Geiringer (* 28. August 1912 in Wien; † vermutlich am 18. Januar 1943 im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau) war Biologin, weitschichtige Verwandte von Gustav Mahler und arbeitete, ebenso wie die jüdische Zoologin Leonore Brecher, in der Biologischen Versuchsanstalt, im damals international renommierten Vivarium im Wiener Prater. Sämtliche jüdische MitarbeiterInnen wurden im Frühjahr 1938 entlassen, Geiringer flüchtete nach Belgien.

 

Nach einer Auslandsreise kehrte sie – auch aus persönlichen Gründen – im Januar 1941 in das seit Mai 1940 von NS-Deutschland militärisch besetzte Belgien zurück, wurde denunziert, verhaftet und in der Kaserne Dossin, dem SS-Sammellager in Mechelen/Malines bei Brüssel festgesetzt. Von dort wurde Martha Geiringer in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert und vermutlich unmittelbar nach ihrer Ankunft am 18. Januar 1943 ermordet.

"Aufschrei 04:46 Uhr", 2015, 48 x 36cm, ©: Konstanze Sailer
"Aufschrei 04:46 Uhr", 2015, 48 x 36cm, ©: Konstanze Sailer

Die ehemalige österreichische Infanteriekaserne Dossin, im belgischen Ort Mechelen (fr. Malines) nahe Brüssel, war ab Juli 1940 ein SS-Sammellager für Deportationen in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Eine der entindividualisierenden Kennzeichnungen von Häftlingen in den Konzentrationslagern war die Kategorie der „blauen Winkel“, mit welchen sog. „volksschädliche Emigranten“ stigmatisiert wurden. Als „Emigranten“ galten u.a. jene Menschen, die zwar rechtzeitig aus dem NS-Machtbereich geflohen waren, die jedoch durch die militärische Besetzung jenes Landes, in das sie emigriert waren, erneut in die Hände von Gestapo oder SS fielen.

 

Belgien war seit Mai 1940 militärisch von NS-Deutschland besetzt. Martha Geiringer wohnte in Gent bei einem befreundeten belgischen Ehepaar. Wahrscheinlich wurde sie vom Ehemann des Paares, der mit den Nationalsozialisten sympathisierte, 1941 denunziert. Die Deportationen aus der Kaserne Dossin in Mechelen/Malines fanden in insgesamt 28 Eisenbahn-transporten statt. Der Befehl lautete, mit einem Transport jeweils 1000 Personen zu deportieren. Martha Geiringer wurde mit dem Transport Nr. 18, am 15. Januar 1943, nach Auschwitz-Birkenau deportiert.

 

An die 16.000 der aus Mechelen/Malines deportierten Menschen erhielten in Auschwitz gar keine Häftlingsnummer. Sie wurden aller Wahrscheinlichkeit nach unmittelbar nach ihrer Ankunft in den Gaskammern ermordet.

Geiringer-Golz-Park in Wien-Hernals?

 

Bis zum heutigen Tag existiert in Wien keine Straße, die ihren Namen trägt. Hingegen ist nach Clemens Krauss heute noch ein Park in Wien-Hernals benannt, ebenso wie eine Straße in Salzburg, ein Weg in Ehrwald (Tirol) und eine Straße in München. Krauss, von 1929-34 Direktor der Wiener Staatsoper, zählte zu den renommiertesten Dirigenten der 1930er und 1940er Jahre.

 

Durch die NS-Führung eingesetzt, wurde Krauss Musikalischer Leiter der Berliner Staatsoper (1935-36), Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper (1937-44), Rektor des Salzburger Mozarteums (1939-45) sowie Generalintendant der Salzburger Festspiele (1942-45).

 

Im „Haus Wachenfeld“ trafen einander gegen Jahresende 1935 Clemens Krauss und Adolf Hitler zu Unterredungen. Bei diesem Treffen unterrichtete Hitler den Dirigenten von seinen Theaterbauplänen. Später ließ Hitler das Haus Wachenfeld zu seinem Berghof am Obersalzberg ausbauen. Mehrere Musiker und Sänger folgten Clemens Krauss 1935 an die Staatsoper Berlin, u. a. der Tenor und NSDAP-Mitglied Josef Manowarda. 1939 war Kraus sowohl General-musikdirektor in München als auch Rektor des Mozarteums in Salzburg.

 

Zumindest in Wien-Hernals könnte der Park anstelle von Clemens Krauss nach Marianne Golz und/oder Martha Geiringer benannt werden.