Kunstinitiative

des Gedenkens

von

Konstanze Sailer

When war returns: "Das Verschlingen"

Ausstellung 01. - 31. Oktober 2022

"Schrei 00:45 Uhr", 2017, 48 x 36cm
"Schrei 00:45 Uhr", 2017, 48 x 36cm

Während der Shoah

 

wurden in Europa an die 500.000 Roma und Sinti in den NS-Vernichtungs-lagern ermordet, starben infolge von Zwangsarbeit, planmäßiger Mangel-ernährung und unbehan-delten Krankheiten.

 

Porajmos“ – „Das Ver-schlingen“ lautet die Romanes-Bezeichnung für den Genozid an den Roma und Sinti während des Nationalsozialismus. Im sogenannten „Zigeu-nerlager“ – einem Teil des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau, dem „Block" bzw. „Abschnitt B II e“ – waren über 22.600 Roma und Sinti interniert. Von diesen wurden über 19.300 ermordet.

 

Am 2. August 1944 wurden an einem einzigen Tag in Auschwitz insgesamt 2.897 Roma und Sinti, darunter sehr viele Kinder, in den Gaskammern ermordet.

 

Die Überlebenden wurden nach dem Krieg jahrzehntelang nicht als Opfer der NS-Verfolgung anerkannt. Sie erhielten daher vielfach nur geringe oder gar keine staatlichen Entschädigungen. 

Von Deutschland ... 

 

Agatha B. (* 12. Januar 1923 in Heidelberg; † 15. April 1944 im Vernichtungs-lager Auschwitz) war eine Romni, die mit entindividualisierender Häftlings-kategorie und Nummer inhaftiert und im Alter von 21 Jahren ermordet wurde. Bis zum heutigen Tag existiert keine Straße, die ihren Namen trägt.

 

Hingegen ist nach Felix Wankel nach wie vor eine Straße in Heidelberg (und in mehreren Dutzend weiteren Orten Deutschlands, darunter geschmackloser Weise sogar in Dachau, benannt). Wankel war Maschinenbauingenieur und Erfinder des gleichnamigen Motors. Er trat bereits 1921/22 der NSDAP in Mannheim bei, wurde später ausgeschlossen und war 1931/32 insg. 11 Monate hindurch Gauleiter der Hitlerjugend in Baden. Heinrich Himmler ernannte ihn 1940 zum SS-Obersturmbannführer (ohne Dienstverrichtung). 1942 wurde er von der SS ausgeschlossen. Wankel erhielt eigenen Angaben zufolge für seine verschiedenen technischen Entwicklungen ca. 4 ½ Millionen Reichsmark vonseiten des Reichsluftfahrtministeriums. Anstelle von Felix Wankel könnte in Heidelberg an Agatha B. erinnert werden.

 

(Quelle: Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Sigmaringen, Wü 13 T 2, Nr. 2466/028; Nr. 2855/012; Nr. 2684/249 (Entnazifizierungsakten; Staatskommissariat für die politische Säuberung, Laufzeit 1945-1952)

... bis Österreich

"Schrei 22:58 Uhr", 2016, 48 x 36cm
"Schrei 22:58 Uhr", 2016, 48 x 36cm

Vor 1938 lebten

 

an die 12.000 Roma und Sinti in Österreich, davon etwa 8.000 im Burgenland. Über 90% aller österreichischen Roma und Sinti fielen den rassistischen Verfolgungen und Deportationen der NS-Diktatur zum Opfer.

 

Barbara Horvath (* 01. Nov. 1891 in Mattersburg, Burgenland; † 2. Juni 1942 in der NS-Tötungs-anstalt Bernburg/Saale) zählte zur Volksgruppe der Burgenland-roma. Sie wurde 1938 verhaftet und im Sammel- und Arbeitslager Lackenbach interniert. Am 29. Juni 1939 wurde sie mit dem Transport der burgenländischen Roma in das Konzentrationslager Ravensbrück deportiert.

 

Die Haftgründe lauteten: „Roma oder Sinti Herkunft“, „Asozialität“ und „arbeits-scheu“. Nach fast drei Jahren Haft unter der Häftlingsnummer 1595 im KZ Ravensbrück wurde sie in die NS-Tötungsanstalt Bernburg, einem abgetrennten Teil der Landes-Heil- und Pflegeanstalt deportiert. Barbara Horvath wurde am 2. Juni 1942 in der Gaskammer der NS-Tötungsanstalt Bernburg/Saale ermordet.

Zwischen März und Oktober 1938 war Tobias Portschy – seit 1931 illegales NSDAP Mitglied – der von der NS-Diktatur kommissarisch eingesetzte burgenländische Landeshauptmann.

 

Im August 1938 veröffentlichte Portschy ein knapp 30 Seiten umfassendes rassistisches Papier mit Titel „Die Zigeunerfrage“, in welchem er – zeitlich sogar noch vor den konkreten Verfolgungen der NSDAP – bereits Zwangsmaßnahmen gegen Roma beschrieb und empfahl.

 

Der Rassist und NS-Landeshauptmann Portschy schrieb: „Aus volksgesundheit-lichen Gründen und weil die Zigeuner nachgewiesenermaßen erblich belastet und ein Volk von ausgesprochenen Gewohnheitsverbrechern sind, die in unserem Volkskörper ungeheuren Schaden anrichten, muß man vorerst an die Verhinderung ihrer Vermehrung gehen.“ Das spätere SS-Mitglied Portschy weiter: „... müsste man die Männer von den Frauen getrennt in Zwangsarbeitsanstalten bzw. Arbeitslagern unterbringen. ... Den Zigeunern ist der Besuch der allgemeinen Volksschulen verboten. ... In öffentliche Krankenhäuser dürfen Zigeuner nicht in Pflege genommen werden.

 

Aufgrund seiner NS-Tätigkeit war der Jurist Portschy zwischen 1945 und 1951 mehrere Jahre hindurch in Haft. Danach war er vorwiegend in der steirischen und burgenländischen Privatwirtschaft tätig. Bis zu seinem Tod im Jahre 1996 wieder-holte und bekräftigte er seine menschenverachtenden, rassistischen Aussagen immer wieder öffentlich und in Interviews.