Kunstinitiative

des Gedenkens

von

Konstanze Sailer

When war returns: "Dicker – Luiko – Dorell"

Ausstellung 01. - 30. November 2022

Friedl Dicker-Brandeis

 

Friedl Dicker (* 30. Juli 1898 in Wien; † 9. Oktober 1944 im Vernichtungslager Auschwitz) war eine österreichische Malerin, Innenarchitektin, Designerin und Bühnenbildnerin. Aus jüdischem Elternhaus stammend, studierte Friedl Dicker zunächst Grafik in Wien, später am Bauhaus in Weimar und war als Grafikerin und Innenarchitektin erfolgreich tätig.

 

Friedl Dicker studierte an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien und später als eine der erfolgreichsten Studentinnen am frühen Bauhaus in Weimar, bei Johannes Itten. Walter Gropius, Oskar Schlemmer und Paul Klee zählten zu ihrem Bekanntenkreis. 

Bildausschnitt "Friedl Dicker-Brandeis, Memorial 07", 2016, Zeichnung auf Büttenpapier, 42 x 29,5cm, roter und blauer Farbstift; ©: Konstanze Sailer
Bildausschnitt "Friedl Dicker-Brandeis, Memorial 07", 2016, Zeichnung auf Büttenpapier, 42 x 29,5cm, roter und blauer Farbstift; ©: Konstanze Sailer

Zunächst als Bühnenbildnerin für Theater in Berlin und Dresden tätig, betrieb sie danach in Wien gemeinsam mit Franz Singer ein Architekturatelier. Neben zahlreichen Bauaufgaben war sie u.a. für die Innenausstattung des Montessori-Kindergartens im Goethehof in Wien-Donaustadt verantwortlich. Dieser war ein Vorzeigekindergarten des sog. "Roten Wien" der 1930er Jahre.

 

1931 wurde Friedl Dicker in der sog. "Passfälscher-Affäre" verhaftet, etwa zwei Jahre später emigrierte sie nach Prag, wo sie 1936 Pavel Brandeis ehelichte und die tschechische Staatsbürgerschaft annahm.  

"Friedl Dicker-Brandeis, Memorial 12", 2016, Zeichnung auf Büttenpapier, 29,5 x 42cm, roter und blauer Farbstift; ©: Konstanze Sailer
"Friedl Dicker-Brandeis, Memorial 12", 2016, Zeichnung auf Büttenpapier, 29,5 x 42cm, roter und blauer Farbstift; ©: Konstanze Sailer

1938 zog sie mit ihrem Mann nach Hronov, nordöstlich von Prag. Das Ehepaar wurde verhaftet und am 17. Dez. 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Unter schwierigsten Bedingungen organisierte Friedl Dicker-Brandeis im KZ-Theresienstadt Zeichenkurse für Kinder.

 

Zahlreiche dieser Kinderzeichnungen sind erhalten geblieben. Friedl Dicker-Brandeis ermutigte die Kinder, ihre Namen in die Zeichnungen einzufügen und stärkte damit deren Identität und Selbstwertgefühl – keine einzige Zeichnung ist demzufolge mit der Lagernummer eines Kindes signiert.

 

Mit einem der letzten Transporte von Theresienstadt nach Auschwitz wurde Friedl Dicker-Brandeis am 6. Okt. 1944 in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert und dort kurz nach ihrer Ankunft, am 9. Oktober 1944, ermordet. 

Memory Gaps forderte seit 2016 für Friedl Dicker die Umbenennung einer Straße in Wien und eines Platzes in Linz. Die Stadt Wien hat 2022 eine Uferpromenade am Donaukanal nach Friedl Dicker-Brandeis benannt.

Maria Luiko

 

Luiko lautete der Künstlername der Malerin und Grafikerin Marie-Luise Kohn, geboren 1904 in München. Wohnhaft in Neuhausen, versuchte sie vergeblich während der späteren 1930er-Jahre zu emigrieren, wurde schließlich aufgrund ihrer jüdischen Herkunft deportiert und im November 1941, im von der deutschen Wehrmacht besetzten Kaunas (Litauen), ermordet.

 

Memory Gaps hat 2015 in München die Idee zur Umbenennung der Hilblestraße in Rothkirchstraße veröffentlicht und unterstützte danach, bis zur tatsächlichen Umbenennung der Hilblestraße 2022, den vonseiten der Bezirkspolitik Neuhausen-Nymphenburg 2019 eingebrachten Vorschlag einer Umbenennung der Hilblestraße in Maria-Luiko-Straße.

Friedrich Hilble war einer von vielen "überaus pflichtgetreuen" städtischen Beamten in München, der sich in den 1930er-Jahren durch nahezu "uneinge-schränkte Loyalität" zum NS-Regime "überaus verdient" gemacht hatte. Er agierte offen antisemitisch, indem er als Leiter des städtischen Wohlfahrtsamtes bis 1937 unter anderem die Sozialhilfe für zahlreiche jüdische MitbürgerInnen verweigerte und, darüber hinaus, aufgrund penibelster Befolgung und Auslegung der NS-Gesetzgebung, direkt und indirekt an der Deportation jüdischer Mitbürger und, lt. NS-Diktion, sogenannter "Asozialer" in Konzentrationslager beteiligt war.

 

Die Umbenennung der im Stadtbezirk Neuhausen-Nymphenburg gelegenen Hilblestraße in Maria-Luiko-Straße erfolgte mit Beschluss des Münchner Stadtrats vom 02. Februar 2022 und wurde in den Folgemonaten umgesetzt.

Alice Dorell

 

Alice Dorell (*27. Juli 1907 in Mannheim; † am 30. September 1942 im Ver-nichtungslager Auschwitz) war eine deutsche Schauspielerin und Kabarettistin jüdischer Herkunft. Alice Dorell, geboren als Alice Droller war zunächst in verschiedenen Berufen und Städten, von Wien bis Paris tätig. Sie erhielt 1925 in Berlin an der Schule von Max Reinhardt Schauspielunterricht, spielte Theater, komponierte Chansons, schrieb Texte und trat als Kabarettistin auf.

 

1933 floh sie mit ihrer Familie über die Schweiz und Paris nach Den Haag, Niederlande. Ihre Eltern betrieben eine Pension und Alice Dorell gründete das Ensemble „Dorell’s Drie Dames-Cabaret“, für das sie Texte und Lieder schrieb.

Nachdem die NS-Wehrmacht 1940 die Niederlande besetzte, wurde Alice Dorell in Utrecht und danach im Durchgangslager Westerbork interniert. Von dort wurde sie am 15. Juli 1942, mit dem ersten Transport von Westerbork nach Auschwitz deportiert. Wenige Wochen nach ihrer Ankunft im Vernichtungslager Auschwitz wurde sie ermordet und per 30. September 1942 für tot erklärt.

 

2021 schlug Memory Gaps vor, einen Platz in Mannheim nach Alice Dorell (Droller) zu benennen. Die Stadt Mannheim benannte noch im selben Jahr eine Straße nach dieser.