Konstanze Sailer
Tusche auf Papier
Galerie Kunst-Flug
Hans-Oskar-Lauffer-Zeile 42
12101 Berlin
Hans Oskar Lauffer (* 21. Februar 1892 in Berlin; † 14. Oktober 1942 in der
NS-Tötungs-anstalt Schloss Hartheim) war Musiker in Berlin. Als Homosexueller während der NS-Diktatur verfolgt, wurde er am 1. Juli 1942 in das Konzentrationslager Dachau deportiert. Von dort
wurde er in das bei Linz (Oberösterreich) gelegene, von den Nationalsozialisten im Rahmen der sog. „Aktion T4“ zur Tötungsanstalt umgebaute, Schloss Hartheim deportiert. In Hartheim wurden
zwischen 1940 und 1944 an die 30.000 geistig und/oder körperlich behinderte und kranke Menschen sowie nach NS-Diktion als „lebensunwert“ klassifizierte KZ-Häftlinge ermordet.
Bis zum heutigen Tag existiert in Berlin keine Straße, die Hans Oskar Lauffers Namen trägt. Hingegen ist nach Ernst Udet nach wie vor eine Zeile im Ortsteil Tempelhof – im sogenannten Fliegerviertel – benannt. Udet war Jagdflieger während des Ersten Weltkriegs. Als NS-Generalluftzeugmeister, zuletzt im Rang eines Generalobersten, verantwortete er ab 1939 die Flugzeugentwicklung sowie die technische Ausrüstung der NS-Luftwaffe. Anstelle von Ernst Udet könnte in Berlin an Hans Oskar Lauffer erinnert werden.
Zwischen 1933 und 1945
zerschlugen die Nationalsozialisten systematisch hunderttausende gleichgeschlechtliche und transgender Lebensweisen. Sie verfolgten, internierten und ermordeten Schwule und Lesben.
Die NS-Reichszentrale
zur Bekämpfung der Homosexualität verfolgte und verurteilte über 50.000 homosexuelle Männer nach dem massiv verschärften § 175 des Strafgesetzbuches.
Dass SA-Führer Ernst Röhm
homosexuell war, ebenso wie einige andere hochrangige und bekannte Nationalsozialisten, galt in der NS-Führung als
offenes Geheimnis.
Mit „Winkeln“, jenen farbigen
gleichschenkligen Stoffdreiecken auf der Häftlingskleidung wurden Menschen – zusätzlich zu den Häftlingsnummern – ihrer Grundrechte beraubt, kategorisiert und damit entindividualisiert.
Rosa Winkel kennzeichneten auch
innerhalb des Konzentrationslagers eine ausgegrenzte Randgruppe, die besonders grausamen Behandlungen durch die SS
ausgeliefert war und auch vergleichsweise wenig Solidarität der Mithäftlinge erhielt.
Der nationalsozialistische
§ 175 des Strafgesetzbuches wurde in der BRD bis in das Jahr 1969 beibehalten, erst ab 1969 entschärft, vollständig aufgehoben wurde
er in Deutschland erst 1994. Die Öster-reichische Bundesregierung hat die Homosexuellen erst 2005 als Opfergruppe der NS-Verfolgung offiziell anerkannt.
„Das Schweigen ist ein Wort,
das kein Wort ist, und der Atem ein Gegenstand, der kein Gegenstand ist“, schrieb der französische Philosoph George
Bataille.
Die Aufschreie
und die zum Schrei geöffneten Kiefer in den tausenden Tuschen auf Papier von Konstanze Sailer sind bildlich gesetzte sprachliche
Zeichen. In das Bild gesetzte Aufschreie sind lautlos. Sie repräsentieren Schreie, sie machen diese wieder präsent, rufen sie zurück in unsere kollektive Verpflichtung zu einer
Erinnerungskultur.